

twa 65 Minuten nach der Kollision mit dem Eisberg wurde das Rettungsboot Nr. 7 als erstes ins Wasser abgesenkt. Offiziell galt dabei der Grundsatz der christlichen Seefahrt „Frauen und Kinder zuerst“.
Beim Besetzen der Boote wandten die Offiziere allerdings verschiedene Praktiken an. Der Zweite Offizier auf der Backbordseite legte den Befehl eher nach dem Motto „Männer auf keinen Fall“ aus, auch wenn dadurch nicht einmal halbbesetzte Boote heruntergefiert wurden, weil keine weitere Frau bereit war, die noch stabil erscheinende Titanic zu verlassen. Frauen wollten sich oftmals nicht von ihren Männern trennen, daher kamen überproportional viele Besatzungsmitglieder (als Ruderer) in die Boote. Die Titanic erschien sicherer als die klein und zerbrechlich wirkenden Rettungsboote. Erst als offensichtlich wurde, dass die Titanic bald sinken würde, brach Panik auf dem Schiff aus. Nun galt der Grundsatz „Every man for himself!“ Alle stürzten sich auf die wenigen noch verbliebenen Rettungsboote. Die Seeleute mußten die angstgepeinigten Passagiere davon abhalten, die Boote zu stürmen.
Die Passagiere des Rettungsbootes Nr. 13 konnten sich nur schwer losleinen, während das Rettungsboot Nr. 15 bereits über ihre Köpfe schwebte. (Zeichnung François Omont)

ie es mit den drei französischen Kartenspielern im ersten Rettungsboot weiterging, das nun auf dem Meer trieb, gab die „New York Times“ mit folgenden Sätzen wieder:
„Als das Boot mit den Franzosen rund 700 Meter vom Schiff wegruderte, bot die Titanic ein zauberhaftes Bild, da sie vom Bug bis zum Heck hell erleuchtet war. Dann plötzlich begannen die Lichter zu erlöschen und das Heck richtete sich steil nach oben. Ein schreckliches Geschrei erhob ringsum, Angstschreie erschallten eine volle Stunde lang. Es war, wie die drei sagten, als ob ein großer Chor einen Todesrefrain mit ungebremster Beharrlichkeit gesungen hätte. Bisweilen verstummten die Schreie, bis der tragische Chor erneut anhob, schrecklicher und verzweifelter als zuvor.
Diese Angstschreie, so die drei Überlebenden, verfolgten und quälten uns, als wir uns von ihnen in der Nacht entfernten. Dann verstummte ein Schrei nach dem anderen, zuletzt blieb nur mehr das Rauschen des Meeres.
Die Titanic tauchte fast ohne das leiseste Geräusch in die Tiefe des Meeres. Ihr Heck erbebte noch einmal, bis es dann für immer ausser Sicht verschwand.
Die Franzosen und ihre Mitfahrer litten bitter unter der Kälte. Sie schrien in die Nacht hinaus, um auf sich aufmerksam zu machen. Ein deutscher Baron, der mit ihnen im Boot saß, schoss seinen Revolver in die Luft, bis das Magazin leer war. Als sich schließlich die Carpathia näherte, ertönte ein schwaches Hurrah in den kleinen Booten und alle ruderten so schnell wie möglich auf den Passagierdampfer zu.“
Sinkende Titanic. Gemälde von Willy Ströwer, 1912

er Zeitung „The Daily Picayune“ schilderte Alfred Fernand Omont wiederum einige nähere Details über das Geschehen im eiskalten Atlantik:
„Ich saß neben einem deutschen Baron im Rettungsboot, der mit seiner Pistole zu schießen begann, um auf uns aufmerksam zu machen, nachdem wir Lichter auf dem Wasser und abgefeuerte Raketen sehen konnten. Wir sahen deutlich die Lichter des Schiffes, das rund fünf Meilen vom Unglücksort kreuzte und alle auf der Titanic hätte retten können. Gegen vier Uhr sahen wir die Lichter der Carpathia. Ein Schwächegefühl überkam uns, als das Schiff wieder abzudrehen schien. Sobald die Carpathia tutete und stoppte, wußten wir, dass wir gerettet werden. Halberfroren kletterten wir die Strickleitern hoch und wurden von der Besatzung in Empfang genommen. Eine Stunde, nachdem die Titanic gesunken war, hörten wir die Schreie der Sterbenden, und dies war wirklich das schlimmste von allem, was wir erleben mussten. Als das große Schiff sank, nahm jeder Mann im Rettungsboot seinen Hut ab. Mit gesenktem Kopf wurde ein stilles Gebet den Unglücklichen dargebracht, die mit der Titanic in ihr Wassergrab sanken.“
Alfred Fernand Omont weiter:
„Wir hatten keine Lampen im Boot, keinen Kompass, keine Seekarte, aber wir hatten ein kleines Wasserfass. Und ich hörte, es gab auch eine kleine Dose Kekse.
Nachdem das Schiff untergegangen war und sogar noch etwas vorher, sahen wir ganz weit weg ein Licht, etwa 10 bis 15 Kilometer entfernt, dachte jeder, es wäre ein Schiff – ein Segelschiff oder Dampfer. Wir sahen es ganz deutlich! Wir alle jubelten, da wir dachten, gerettet zu werden. Aber wir sahen es allmählich wieder verschwinden. Wir überlegten uns, ob es entweder ein Segelboot war, das wegen des ruhigen Wetters kaum vorwärts kam, oder aber das Schiff war eine optische Täuschung unsererseits.“
Quelle: www.titanicverein.de

as Rettungsboot Nr. 7 wurde um 0.45 Uhr abgefiert. Das Abfieren hier hat der Erste Officer Murdoch geleitet. An Bord 26 Personen, Kapazität 65 Personen.

Die Titanic verfügte über zwanzig Rettungsboote für 1.178 Menschen, vier Boote mehr als es die Internationalen Vorschriften zu dieser Zeit verlangten. Nur vier Boote verliessen vollbelegt die Titanic, in den anderen vierzehn Booten war noch Platz für gut 500 Menschen.
Die Spielkarte

Die drei französischen Kartenspieler fanden sich im gleichen Rettungsboot: P. R. Chevre, P. Maréchal und A. F. Omont. Der amerikanische, vierte Spieler kam auf der Suche nach seiner Frau in den Fluten um. Die drei überlebenden Kartenspieler signierten diese Karte am 14. April 1912 auf dem Rettungsschiff „Carpathia“.